Suchttherapie

Stationär, ambulant oder Tagesklinik?

Wäh­rend der Gesprä­che in der Sucht­be­ra­tungs­stel­le wägen Hil­fe­su­chen­de und Sozi­al­ar­bei­ten­de gemein­sam die Mög­lich­kei­ten ab, um die bes­te Hil­fe für die betrof­fe­ne Per­son zu fin­den. Man­che Hil­fe­su­chen­den sind arbeits­los und haben jed­we­de Tages­struk­tur durch die Sucht­er­kran­kung ver­lo­ren. Ande­re Men­schen „funk­tio­nie­ren“ trotz ihrer Abhän­gig­keit, gehen arbei­ten, machen Sport und haben ein gutes sozia­les Umfeld.

Vor dem Hin­ter­grund der ver­schie­de­nen Lebens­wel­ten wur­den ver­schie­de­ne The­ra­pie­for­men ent­wi­ckelt, die im Fol­gen­den kurz dar­ge­stellt wer­den. Haupt­säch­lich unter­schei­den wir drei ver­schie­de­ne For­men. Die Rea­li­tät kennt aber lokal sehr unter­schied­li­che Ange­bo­te. Die Sucht­hil­fe ist ein sehr wei­tes und viel­fäl­ti­ges Feld, in dem jeder eine pas­sen­de Mög­lich­keit fin­den wird, um sich hel­fen zu las­sen.

Im Vor­feld all die­ser The­ra­pie-For­men wird drin­gend eine medi­zi­ni­sche Ent­gif­tung emp­foh­len. Oft wird die­se ca. 10-tägi­ge sta­tio­nä­re Behand­lung direkt vor den Start der Sucht­the­ra­pie gelegt, sodass ein flie­ßen­der Über­gang ermög­licht wird.

Foto von Con­scious Design auf Uns­plash

Stationäre Entwöhnungstherapie

Sta­tio­nä­re Ent­wöh­nungs­the­ra­pien haben oft eine Dau­er von ca. 3 – 4 Mona­ten. Wäh­rend die­ser Zeit ist man in einer Ein­rich­tung unter­ge­bracht. Meis­tens fin­det an drei Tagen Grup­pen­the­ra­pie statt, dazu gibt es vie­le ver­schie­de­ne Ange­bo­te. Musik­the­ra­pie, Medi­ta­ti­on, Sport, Ent­span­nungs­übun­gen und vie­le ande­re Beschäf­ti­gun­gen hel­fen den Men­schen dabei, eine Tages­struk­tur auf­zu­bau­en, in der Alko­hol und ande­re Dro­gen kei­ne Rol­le spie­len. Außer­dem essen die Pati­en­ten 3‑mal am Tag gemein­sam, machen Aus­flü­ge und fei­ern Fes­te. Dies alles berei­tet die Men­schen auf ein abs­ti­nen­tes Leben nach der geschütz­ten Zeit in der Ein­rich­tung vor.

Die Phi­lo­so­phie der ver­schie­de­nen The­ra­pie­ein­rich­tun­gen unter­schei­det sich sehr, sodass eigent­lich für jeden Men­schen etwas Pas­sen­des zu fin­den ist: In man­chen Ein­rich­tun­gen bekom­men die Pati­en­ten Arbeits­diens­te zuge­wie­sen und küm­mern sich zum Bei­spiel um die Gar­ten­ar­beit oder hel­fen in der Küche. In ande­ren Ein­rich­tun­gen gibt es kei­ne Arbeits­diens­te. Das Kon­zept ist dort ver­gleich­bar mit dem Auf­ent­halt in einem Kur­ort.

Die Ziel­grup­pe für sta­tio­nä­re The­ra­pien ist weit: Über­ar­bei­te­te Men­schen kön­nen dort ler­nen, die Zügel wie­der locker zu las­sen – Men­schen ohne Tages­struk­tur kön­nen ler­nen, den Tag so zu gestal­ten, dass die Gefah­ren für den Kon­sum weni­ger wer­den. In sta­tio­nä­ren Ein­rich­tun­gen haben vie­le Men­schen ihre Lie­be für die Male­rei (wieder-)entdeckt, das Töp­fern begon­nen oder sind gar zum Leis­tungs­sport­ler mutiert.

Vie­le Men­schen haben Angst vor einer „Lang­zeit­the­ra­pie“ – doch das ist auch mehr als ver­ständ­lich, weil Men­schen häu­fig Angst vor dem Unbe­kann­ten haben. Den­noch ist für vie­le genau die­ser Schritt ins Unge­wis­se sehr heil­sam – weil er meis­tens eine Ver­bes­se­rung und den ers­ten Schritt in die zufrie­de­ne Abs­ti­nenz bedeu­tet.

Die sta­tio­nä­re The­ra­pie ist eine deut­li­che Zäsur im Leben eines Men­schen und kann gut dazu bei­tra­gen, ein „Vor­her“ und ein „Nach­her“ zu kon­stru­ie­ren. Die­ses „Nach­her“ wird umso bes­ser erfolg­rei­cher sein, je nach­hal­ti­ger sich der betrof­fe­ne Mensch um eine ver­ste­tig­te Hil­fe über die The­ra­pie hin­aus bemüht, z.B. in Form einer Selbst­hil­fe­grup­pe, die er ger­ne besucht.

Im Inter­view mit einer Psy­cho­the­ra­peu­tin, die lan­ge in einer sta­tio­nä­ren Behand­lungs­ein­rich­tung gear­bei­tet hat, erör­tern wir die wich­tigs­ten Fra­gen im Zusam­men­hang einer sta­tio­nä­ren Ent­wöh­nungs-The­ra­pie.

Inter­view mit der Psy­cho­the­ra­peu­tin Kers­tin Rös

Tagesklinik

Der Auf­ent­halt in einer Tages­kli­nik dau­ert meis­tens eben­so lan­ge, wie der in einer sta­tio­nä­ren The­ra­pie. Auch der Tages­ab­lauf ist ähn­lich. Der Unter­schied ist, dass die Pati­en­ten abends zum Schla­fen nach­hau­se gehen. Dies bedeu­tet ein höhe­res Risi­ko für Rück­fäl­le im Ver­gleich zu einer sta­tio­nä­ren The­ra­pie, weil der Schutz der „Käse­glo­cke“ hier nicht gege­ben ist. Es hat aber gleich­zei­tig auch den Vor­teil, dass die Pati­en­ten von Anfang an mit den „Gefah­ren“ des all­täg­li­chen Lebens kon­fron­tiert wer­den.

Foto von Kel­ly Moon auf Uns­plash

In den meis­ten Tages­kli­ni­ken wird mor­gens ein Alko­hol­test durch­führt, um sicher­zu­ge­hen, dass alle nüch­tern und auf­nah­me­fä­hig in die Ein­rich­tung zurück­ge­kehrt sind. Hier der Link zu einem Pod­cast, in dem dar­über infor­miert wird, wel­che Vor­aus­set­zun­gen man braucht, um eine Tages­kli­nik besu­chen zu kön­nen.

Sta­tio­nä­re The­ra­pien wer­den ger­ne mit einer Kur oder gar einem Urlaub ver­gli­chen. Im Gegen­satz dazu füh­len sich Tages­kli­ni­ken eher wie Arbeit an: Denn der Auf­ent­halt in einer Tages­kli­nik ist ziem­lich durch­ge­tak­tet – ganz in Gegen­satz zur sta­tio­nä­ren The­ra­pie, wo auch mal län­ge­re Pau­sen zwi­schen den Anwen­dun­gen im The­ra­pie­plan vor­ge­se­hen sind, in denen die Pati­en­ten auf ihren Zim­mern ruhen oder spa­zie­ren gehen kön­nen.

Ambulante Suchttherapie

Die ambu­lan­te The­ra­pie ist sehr weit­ma­schig. Sie dau­ert min­des­tens 6 Mona­te und kann dann jeweils auf 12 oder sogar 18 Mona­te ver­län­gert wer­den.
In der ambu­lan­ten The­ra­pie gibt es zwei Ele­men­te:

1. Die wöchent­li­chen Grup­pen­the­ra­pie­sit­zun­gen, ange­lei­tet durch Sucht­hel­fen­de
2. Ein­mal im Monat eine Ein­zel­stun­de mit der oder dem Sucht­hel­fen­den

Es wird drin­gend emp­foh­len, schon wäh­rend der The­ra­pie eine Selbst­hil­fe­grup­pe zu besu­chen, um wenigs­tens zwei Ter­mi­ne pro Woche zu haben, in denen Schwie­rig­kei­ten bespro­chen wer­den kön­nen. Ambu­lan­te The­ra­pien sind für Men­schen sinn­voll, die in einem sehr sta­bi­len sozia­len Umfeld leben. Sie for­dern eine hohe Resi­li­enz von den Betrof­fe­nen, weil die­se sich selbst mel­den müs­sen, wenn die Sucht zu stark wird.

Foto von Jon Tyson auf Uns­plash

Nachsorge

Nach­sor­ge bedeu­tet, dass Men­schen nach einer sta­tio­nä­ren oder teil­sta­tio­nä­ren The­ra­pie in eine ambu­lan­te The­ra­pie-Form wech­seln, um für ein wei­te­res hal­bes oder gan­zes Jahr am The­ma wei­ter­zu­ar­bei­ten. Nach­sor­ge­grup­pen und ambu­lan­te Grup­pen wer­den sehr häu­fig zusam­men­ge­legt. In die­sen Grup­pen fin­den sich also sowohl Men­schen, die nur eine ambu­lan­te The­ra­pie machen, als auch Men­schen, die nach einer sta­tio­nä­ren The­ra­pie für 6 Mona­te bis 1 Jahr zur Nach­sor­ge gehen. Die Moda­li­tä­ten ent­spre­chen denen der ambu­lan­ten The­ra­pie.

Die Nach­sor­ge hilft den betrof­fe­nen Men­schen dabei, in einen struk­tu­rier­ten All­tag zu fin­den. Für vie­le Men­schen bedeu­tet die Rück­kehr in den Job Stress, denn im Ver­gleich zur sta­tio­nä­ren The­ra­pie sind nun nicht mehr rund um die Uhr Men­schen anwe­send, die die spe­zi­fi­sche Pro­ble­ma­tik von Sucht begrif­fen haben. Um gut zurück ins Leben zu fin­den, hilft es den Betrof­fe­nen, ihre Sucht­the­men in einer Nach­sor­ge­ein­rich­tung ste­tig zu reflek­tie­ren. Die glei­che Auf­ga­be über­neh­men Selbst­hil­fe­grup­pen, auch über die Zeit der Nach­sor­ge hin­aus.

Ben­ja­min von Stuck­rad-Bar­re und Kurt Krö­mer erzäh­len in die­sem Video neben vie­len ande­ren Din­gen auch davon, dass sie abs­ti­nen­te sucht­kran­ke Men­schen sind:

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