AbstinenzJob

Abstinent am Arbeitsplatz: Alle sollen es (nicht) wissen

Wenn ein Mensch es geschafft hat, mit dem Kon­su­mie­ren auf­zu­hö­ren, beginnt häu­fig nicht weni­ger als ein neu­es Leben. Wenn eine Ent­gif­tung been­det, eine ambu­lan­te The­ra­pie absol­viert oder sogar eine sta­tio­nä­re Ent­wöh­nungs­the­ra­pie durch­lau­fen wur­de, wol­len man­che Men­schen der gan­zen Welt von ihrem Glück erzäh­len.

Eine Fra­ge stellt sich in die­sem Zusam­men­hang immer wie­der: Wie ver­hal­te ich mich auf der nächs­ten Weih­nachts­fei­er oder auf dem nächs­ten Betriebs­fest? Spie­le ich mit offe­nen Kar­ten? Oder bestel­le ich ein­fach eine Apfel­schor­le und war­te ab, was pas­siert?

Das ist die Gret­chen­fra­ge der Sucht­hil­fe. Doch lei­der muss vor­weg­ge­nom­men wer­den, dass sie nicht ein­fach zu beant­wor­ten ist. Denn: In der Sucht ist fast alles indi­vi­du­ell. Man­che kon­su­mie­ren viel, man­che kon­su­mie­ren wenig. Und ob jemand süch­tig wird oder nicht, das steht noch ein­mal auf einem ganz ande­ren Blatt Papier. Süch­tig wer­den ist etwas ganz Indi­vi­du­el­les.

Und so ist auch die Fra­ge der Kom­mu­ni­ka­ti­on mit dem Arbeit­ge­ber sehr indi­vi­du­ell.

Wenn ich drei­mal in der Woche mit Rest­al­ko­hol zu spät auf die Arbeit gekom­men bin, könn­te es witz­los erschei­nen, die Abs­ti­nenz zu ver­schwei­gen. Auf der ande­ren Sei­te kann man schlecht wis­sen, wer etwas gemerkt hat und nicht sel­ten schätzt man das auch falsch ein: „Was? Du? Ein Alko­hol­pro­blem? – Das ist uns gar nicht auf­ge­fal­len…“

Es kann also völ­lig unspek­ta­ku­lär sein, auf der Weih­nachts­fei­er eine Apfel­schor­le zu trin­ken. Am unge­wöhn­lichs­ten ist das wahr­schein­lich für die Betrof­fe­nen selbst.

Das Wich­tigs­te ist, dass Men­schen sich in der ers­ten Pha­se ihres neu­en Lebens nicht über­for­dern. Wenn der offe­ne Umgang mit der Sucht not­wen­dig ist, um abs­ti­nent zu blei­ben – dann ist das ok. Was hilft, ist ok! Mit Gewalt in Pro­ble­me hin­ein­ma­nö­vrie­ren muss sich aber wirk­lich nie­mand: Die Aus­kunft über die eige­ne Abs­ti­nenz kann auch noch spä­ter in die Welt hin­aus­ge­tra­gen wer­den.

Foto von Julia­na Romão auf Uns­plash

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