Nüchtern

Nüchtern feiern

Das zufrie­de­ne Leben, ohne Kon­sum. Wie soll das gelin­gen? Spe­zi­ell, wenn es ums Fei­ern geht, ste­hen vie­le abhän­gi­ge Men­schen am Anfang ihrer Abs­ti­nenz vor einem rie­si­gen gedank­li­chen Hin­der­nis. Und es mutet ja auch anfangs eher befremd­lich an: Nüch­tern dabei­ste­hen, wenn alle ande­ren trin­ken. Früh nach­hau­se gehen, obwohl es eigent­lich erst los­geht. Also: Nie wie­der Spaß haben, denn so rich­tig geht das nüch­tern eben nicht.

Sol­che tris­ten Gedan­ken erzeu­gen viel­leicht auch noch in lang­jäh­rig kon­sum­frei leben­den Men­schen Sucht­druck. Denn nega­ti­ver kann Abs­ti­nenz wohl kaum aus­ge­legt wer­den: Wenn bloß die Aspek­te der Beschrän­kung und des Ver­zichts in Augen­schein genom­men wer­den, wird aber gleich­zei­tig auch nur die hal­be Wahr­heit gese­hen. Dass die Abs­ti­nenz auf der ande­ren Sei­te vie­le Sucht­kran­ke zunächst nicht etwa von einem lebens­wer­ten Leben abhält, son­dern sie vor dem sozia­len Ruin, der Inten­siv­sta­ti­on oder gar dem Tod bewahrt – an so was den­ken vie­le Abhän­gi­ge nicht, wenn sie in gesel­li­ger Run­de ste­hen, wo getrun­ken, gefei­ert und gelacht wird.

Doch, und auch das gehört zur Wahr­heit dazu: Die aller­meis­ten Men­schen wer­den nach einer gewis­sen Zeit sehr wohl wie­der raus­ge­hen und fei­ern kön­nen. Ohne Kon­sum. Ohne Sucht­mit­tel. Ohne Sucht­druck. Ob das aller­dings nach 6 Mona­ten, einem Jahr oder nach zwei Jah­ren sein wird, steht lei­der nir­gend­wo geschrie­ben.

Doch sicher ist eines auf jeden Fall: Die Zeit spielt für uns. Es wird bes­ser und bes­ser. Und wenn ein Mensch nun doch gar­nicht mehr fei­ern gehen möch­te, son­dern sein Glück im Brief­mar­ken­sam­meln oder der Orni­to­lo­gie gefun­den hat, dann ist das doch auch schön und völ­lig in Ord­nung.

Foto von Alexas_Fotos auf Uns­plash

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